Fragetechniken für wertschätzende Gespräche - Teil 1
Einleitung
Die Art und Weise, wie wir Fragen stellen, hat einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität von Gesprächen und die Tiefe der darin gewonnenen Einsichten. Insbesondere in wertschätzenden Dialogen ist die Wahl der richtigen Fragetechniken von großer Bedeutung. In diesem Artikel werden wir uns intensiv mit der Rolle offener Fragen beschäftigen und untersuchen, wie sie die Kommunikation fördern, Empathie schaffen und zu einer produktiven Problemlösung beitragen können.
Die Bedeutung der Fragetechnik
Fragetechnik bezieht sich nicht nur auf die Formulierung von Fragen, sondern auch auf die zugrunde liegende Absicht und den Kontext, in dem diese Fragen gestellt werden. Durch den bewussten Einsatz von Fragen können Gesprächspartner ein tieferes Verständnis füreinander entwickeln, das Vertrauen stärken und die Zusammenarbeit fördern.
Offene Fragen vs. geschlossenen Fragen
Was sind offene Fragen?
Offene Fragen sind so gestaltet, dass sie die befragte Person anregen soll, seine Gedanken, Gefühle, Erfahrungen oder Meinungen ausführlich darzulegen.
Beispiele für offene Fragen:
„Was denken Sie über das aktuelle Projekt?“
„Wie haben Sie diese Herausforderung erlebt?“
Im Gegensatz dazu bieten geschlossene Fragen, die typischerweise alleine mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können, nur begrenzte Möglichkeiten zur Vertiefung des Gesprächs.
Unterschied zu geschlossenen Fragen
Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Fragetypen liegt in der Absicht: Offene Fragen zielen darauf ab, den Dialog zu öffnen und zu fördern und tiefere Einblicke zu gewinnen, während geschlossene Fragen eher darauf ausgelegt sind, präzise Informationen zu sammeln.
Vorteile offener Fragen
Förderung des Dialogs und des Verständnisses
Offene Fragen laden zur Teilnahme ein und schaffen Raum für den Austausch von Ideen und Perspektiven. Indem man den Gesprächspartner ermutigt, seine Gedanken und Meinungen zu teilen, kann eine Atmosphäre geschaffen werden, die den Dialog fördert. Diese Art von Diskussion kann dazu beitragen, Missverständnisse auszuräumen und ein besseres Verständnis für unterschiedliche Sichtweisen zu entwickeln.
Ermutigung zur Reflexion
Gezielte offene Fragen lenken die Aufmerksamkeit auf persönliche Gedanken – ein Prozess, der zu neuen Einsichten führen kann. Offene Fragen regen den Befragten dazu an, über Dinge und Gedanken nachzudenken in eine kluge offene Frage die Aufmerksamkeit dorthin lenkt. Dieser Reflexionsprozess kann wertvolle Einsichten hervorbringen und dazu beitragen, dass Individuen ihre eigenen Standpunkte besser verstehen und zum Ausdruck bringen. Wenn Personen eingeladen werden, ihre Gedanken detailliert darzulegen und dies in einem respektvoll interessierten Miteinander stattfindet, entstehen Möglichkeiten, neue (gemeinsame) Erkenntnisse zu gewinnen und die eigene Perspektive zu erweitern.
Stärkung von Vertrauen und Wertschätzung
Durch ehrliches Interesse und Offenheit entsteht ein sicherer Gesprächsraum, in dem sich auch Verletzlichkeit zeigen darf – eine wichtige Grundlage für Vertrauen. Ein wertschätzendes Gespräch erfordert Vertrauen und eine uneingeschränkt wohlwollende und zugewandte Haltung. Offene Fragen zeigen dem Gesprächspartner Interesse und dass seine Meinungen und Gefühle für mich von Bedeutung sind. Dies kann Sicherheit schaffen, das für offene und ehrliche Gespräche unerlässlich ist. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Stimme gehört wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich in den Austausch einbringen und verletzliche Themen ansprechen. Das gegenseitige Zeigen von Verletzlichkeit ist in meinen Augen eine wichtige Keimzelle von Vertrauen.
Kreativität und Lösungsorientierung
Auch im Kontext der Problemlösung sind offene Fragen wirkungsvoll, da sie kreative Denkprozesse anregen und unsere Aufmerksamkeit auf potentielle Lösungen lenken können. Fragen wie „Was wären mögliche Lösungen für dieses Problem?“ oder „Wie können wir die Situation gemeinsam verbessern?“ fördern die Zusammenarbeit und eröffnen neue Ansätze zur Problemlösung. Statt den Fokus auf die Vergangenheit und die Schwierigkeiten dort zu richten, bieten offene Fragen die Chance, in eine positive, lösungsorientierte Richtung zu steuern.
Aber Achtung: Es ist auch Teil eines empathischen Kontaktes, ein Problem oder gewisse Schwierigkeiten wertzuschätzen, anzuerkennen und zu verstehen, bevor wir konsequent in Richtung Lösung denken und fragen.
Offene Fragen fördern neue Denkansätze und ermöglichen gemeinsames Erarbeiten von Lösungen, z. B.:
„Was wären Ihrer Ansicht nach mögliche Wege aus dieser Situation?“
„Wie könnten würden Sie das mit Ihrer Erfahrung hier konkret angehen?“
Vorsicht bei „Warum-Fragen“
„Warum-Fragen“ können als kritisch oder konfrontativ wahrgenommen werden und defensives Verhalten hervorrufen. Meine Hypothese ist, dass „Warum-Fragen“ tendenziell aus dem Ich-Zustand des kritischen Eltern-Ichs (kEI) gehört werden und so die empfangende Person ggf. auf dem Kanal des rebellischen Kindes (rK) adressieren. (vgl. Erik Berne: Transaktionsanalyse)
Ein weiteres Risiko der „WARUM-Frage“ steckt meiner Vermutung nach darin, dass sie unsere Aufmerksamkeit in die Vergangenheit und damit auf das Problem lenken. Was für technische Probleme eine wirkungsvolle Analyse Methode (5W-Methode) ist, kann in unserem Miteinander destruktiv und bremsend wirken.
Meistens kann die Warum-Frage schon ganz leicht durch einfache Umformulierungen entschärft werden:
„Was denken Sie hat dazu geführt das…?“ oder
„Wie ist es aus Ihrer Sicht dazu gekommen?“
(Allerdings richten auch diese Fragen unsere Aufmerksamkeit auf die Vergangenheit und die Probleme.)
Tipps für den Einsatz offener Fragen
Haltung: Wertschätzung und Ernsthaftigkeit
In jedem Fall empfehle ich, dass Sie sich im Vorfeld wichtiger Gespräche geeignete weit offene Leitfragen vorbereiten, mit denen Sie in das Gespräch einsteigen möchten. Falls Sie sich auf ein Gespräch mit einer Person vorbereiten, mit dem Sie im Umgang große Mühe haben, dann versuchen Sie ganz bewusst Aspekte zu finden, für die Sie diesen Menschen anerkennen. Etwas, wofür sie diesen Menschen (sehr) schätzen.
„Was bewegt Sie zurzeit im Team?“
„Wie erleben Sie die Zusammenarbeit aktuell?“
Vielleicht wirken diese beiden Fragen etwas zu weichgespühlt? Schließlich müssen Sie auch hin und wieder “Tacheles” reden? Dann versuchen Sie doch mal diese Fragen:
Was haben Sie erwartet, wie ich reagieren werde, wenn Sie vor dem Hintergrund unserer zurückliegenden Gespräche erneut dieses Verhalten zeigen?
Wie erklären Sie sich, dass unsere Vereinbarung von Ihrer Seite nicht wie verabredet eingetreten ist?
Hören Sie aktiv zu!
Schaffen Sie Raum für Antworten und zeigen Sie Interesse an dem, was Ihr Gesprächspartner sagt. Schweigen ist in diesem Zusammenhang eine sehr gute Idee. Trauen Sie sich, nichts zu sagen und zu warten. Aktives Zuhören verbessert die Gesprächsqualität und ermöglicht, dass sich der Dialog organisch entwickelt. Fragen Sie nach und fassen Sie Gehörtes mit Ihren Worten zusammen. Auf diese Weise bekommt Ihr Gegenüber die Gelegenheit eines Abgleiches dessen, was Sie verstanden haben mit dem, was sie sagen wollte.
Hören Sie zu um zu verstehen, (nicht um zu erwidern!)
Vermeiden Sie einseitige Fragen
Stellen Sie sicher, dass Ihre Fragen so formuliert sind, dass sie genügend Raum und Zeit für Antwort erermöglichen. Dies fördert eine authentische und offene Diskussion. Insbesondere Suggestiv-Fragen sind in wertschätzenden Gesprächen verboten, da sie einen hochgradig manipulativen Charakter besitzen.
Fazit
Die Fähigkeit, kluge Fragen zu stellen, ist eine Schlüsselkompetenz in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Offene Fragen fördern nicht nur den Dialog und das Verständnis, sie sind auch entscheidend für den Aufbau von Vertrauen und die Entwicklung von kreativen Lösungen in herausfordernden Situationen. In wertschätzenden Gesprächen sind sie daher unverzichtbar, um ein unterstützendes und produktives Umfeld zu schaffen. Durch den bewussten Einsatz von offenen Fragen können wir nicht nur unsere Kommunikationsfähigkeiten verbessern, sondern auch die Beziehungen zu unseren Gesprächspartnern vertiefen und stärken. Es liegt an uns, die Kraft der Fragetechnik zu nutzen, um die Qualität unserer Gespräche und damit auch unserer Beziehungen zu bereichern.
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